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Quantennetzwerk über Glasfaser: AQUnet hebt ab

Erstes Quantennetzwerk mit vier Teilnehmern

Forschern am Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation ist es gelungen, erstmals ein abhörsicheres Quantennetzwerk mit vier Teilnehmern zu knüpfen.

Der «Gruppe Ursin» an Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation ist es gelungen, ein Quantennetz mit vier Teilnehmern zu spinnen

Österreichische Forscher haben nach eigenen Angaben einen entscheidenden Schritt zur abhörsicheren Kommunikation im Internet erreicht: Dem Team ist es erstmals gelungen, vier Teilnehmer in einem Netzwerk mit Quantenverschlüsselung so zu verbinden, dass jeder mit jedem abhörsicher kommunizieren konnte.

Die Wissenschaftler um Rupert Ursin vom Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften stellen ihre Netzwerkarchitektur im britischen Fachblatt «Nature» vor . Da sich die Zahl der Teilnehmer einfach erweitern lasse, könne das Verfahren einer breiten Anwendung der sogenannten Quantenkryptographie im Internet den Weg ebnen, meinen die Forscher.

Die Quantenkryptographie verspricht eine aus physikalischen Gründen abhörsichere Kommunikation. Dafür nutzt sie ein Phänomen der Quantenphysik, nach deren Regeln zwei Teilchen einen gemeinsamen Zustand bilden können, auch wenn sie anschliessend über weite Entfernungen getrennt werden. In diesem Zustand der Verschränkung sind die Eigenschaften der beiden individuellen Teilchen unbestimmt. Wird dann bei einem der beiden Teilchen eine Eigenschaft wie beispielsweise die Schwingungsrichtung gemessen, nimmt das andere Teilchen augenblicklich eine korrespondierende Eigenschaft an, und die Verschränkung endet.

Ein Quantennetzwerk aus Superkühlschränken

Ein Quantennetzwerk aus Superkühlschränken

Erstellt von Florian Aigner

Ein ambitioniertes neues Forschungsprojekt will supraleitende Quantencomputer vernetzen. Koordiniert wird es von der TU Wien.

Die Suche nach neuen, besseren Quantentechnologien ist zu einem weltweiten Wettlauf geworden. Wie man die merkwürdigen Phänomene der Quantenphysik nutzen kann, um Information zu verarbeiten und zu übertragen, ist längst nicht mehr bloß eine Frage der Grundlagenforschung, sondern eine weltumspannende Industrie, an der sich auch Firmen wie Google oder IBM beteiligen.

Trotzdem ist noch immer nicht ganz klar, auf welcher Technologie die Quanten-Informationssysteme von morgen basieren sollen. Ein neues Forschungsprojekt, finanziert über das Future and Emerging Technology Programm, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster der Europäischen Union, soll nun eine vielversprechende Vision umsetzen: Supraleitende Qubits, die in extrem kalten Behältern manipuliert werden, sollen zu einem Quantennetzwerk zusammengeschlossen werden. Koordiniert wird das Projekt von Prof. Peter Rabl vom Atominstitut der TU Wien, öffnet eine externe URL in einem neuen Fenster, am 3. September 2020 wurde das Projekt offiziell gestartet.

Supraleitende Qubits

Es gibt ganz unterschiedliche Möglichkeiten, auf quantenphysikalische Weise Information zu speichern, zu verarbeiten und zu übertragen. „Eine besonders vielversprechende Technik sind die sogenannten supraleitenden Qubits“, erklärt Peter Rabl. „Das sind elektronische Strukturen in der Größe von Mikrometern, die fast bis zum absoluten Nullpunkt abgekühlt werden und dann Strom verlustfrei leiten.“

Dadurch lässt sich erreichen, dass diese Strukturen ein völlig anderes Verhalten zeigen als gewöhnliche elektronische Schaltkreise. Während bei einem klassischen Schaltkreis nur mit zwei verschiedenen Zuständen gearbeitet wird, etwa „Stromfluss“ oder „kein Stromfluss“, kann man mit einem Qubit sogenannte Quantensuperpositionen erzeugen – eine Kombination, die verschiedene Zustände gleichzeitig enthält.

Außerdem lassen sich sogenannte Quantenverschränkungen herstellen. Das bedeutet, dass man den Zustand eines Qubits eng mit dem Zustand eines anderen Qubits verknüpft – stärker als das mit den Gesetzen der klassischen Physik möglich wäre. Es ist gerade diese Verschränkung von Information die zukünftigen Quantencomputern einen entscheidenden Vorteil beim Lösen komplexer Aufgaben verschafft.

Vernetzte Kühlschränke

„Für komplizierte Operationen braucht man eine große Anzahl solcher Qubits. Das ist allerdings eine gewaltige technische Herausforderung“, sagt Peter Rabl. Die Qubits müssen extrem kalt bleiben und jedes Kabel, das von außen in den Kühlschrank führt, kann die Quantenphänomene zerstören. Je mehr Qubits man in einem solchen Kühlschrank kombiniert, umso schwieriger wird es, die Quanteneigenschaften der Qubits zu bewahren.

Daher soll nun ein neuer Weg beschritten werden: Ähnlich wie das Internet klassische Computer miteinander verbindet, sollen nun Kühlschränke mit jeweils nur wenigen Qubits miteinander verbunden werden – und zwar so, dass die Quanteneigenschaften erhalten bleiben und Quantenverschränkung auch zwischen den Kühlschränken erzeugt werden kann. So soll ein lokales Quantennetzwerk entstehen, das modular erweitert werden kann und damit viel weitreichendere Möglichkeiten bietet als man in einem einzelnen gekühlten System realisieren könnte.

„Sowohl auf technischer als auch auf theoretischer Seite gibt es hier allerdings noch viel zu tun“, sagt Peter Rabl. „Wir werden etwa daran arbeiten, spezielle Quanten-Protokolle zu entwickeln, mit denen die Daten möglichst fehlerfrei ausgetauscht werden können. Wir müssen genau untersuchen, wie sich unvermeidbare Störungen auswirken, wir werden erforschen, mit welchen Methoden wir die Quanteninformation am effizientesten übertragen – etwa mit Mikrowellen, oder auch mit optischen Photonen.“

Erste Grundlagenexperimente dazu, durchgeführt von den Projektpartnern an der ETH Zürich, lieferten bereits vielversprechende Ergebnisse: Das neue Projekt „Quantum Local Area Networks with Superconducting Qubits“ soll die Technologie nun einen entscheidenden Schritt nach vorne bringen. Neben internationalen Expert_innen vom Spanischen Nationalen Forschungsrats (CSIC) und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik ist mit Prof. Johannes Fink vom IST Austria noch eine weitere österreichische Forschungsgruppe an diesem Projekt beteiligt. In Zusammenarbeit mit der Firma Zurich Instruments sollen dabei nicht nur die wissenschaftlichen Grundlagen, sondern auch erste kommerzielle Produkte entwickelt werden. Der offizielle Startschuss für das Projekt fiel am 3. September 2020 bei einem gemeinsamen Online-Meeting.

„Wenn es uns tatsächlich gelingt, erste Quanten-Algorithmen in einem Netzwerk von Kühlgeräten zu implementieren, wäre das ein gewaltiger Durchbruch“, sagt Peter Rabl. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das schaffen können.“

Das “ Future and Emerging Technology ”-Programm (FET)

Das Forschungsförderungsprogramm FET ist Teil des „Horizon 2020“-Programms der Europäischen Union. Es soll besonders visionäre Projekte unterstützen, die das Potenzial haben, durch interdisziplinäre Kollaboration neue Technologien hervorzubringen. In Österreich ist die TU Wien einer der Hauptprofiteure dieses Programms. Das neue Projekt zu supraleitenden Quantennetzwerken wird mit einer Gesamtsumme von ca. 3 Millionen Euro über einen Zeitraum von 3 Jahren gefördert.

Kontakt

Prof. Peter Rabl

Atominstitut

Technische Universität Wien

Stadionallee 2, 1020 Wien

T: +43-1-58801-141830

Quantennetzwerk über Glasfaser: AQUnet hebt ab

Im Austrian Quantum Fiber Network (AQUnet) werden Forschungseinrichtungen künftig Quanteninformation übermitteln und Präzisionsmessungen durchführen.

Wien (OTS) - Das große Infrastrukturprojekt für Quantenkommunikation über Glasfaserkabel startet am 1. Mai 2021 und ist auf fünf Jahre ausgelegt. Als österreichisches Quantennetzwerk im Verbund mit ähnlichen Initiativen auf europäischer Ebene soll es zum Vorbild für ein weltumspannendes Quanten-Internet werden. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen von abhörsicherer Quanten-Kommunikation bis hin zu Präzisionsmessungen und Erdbebenwarnungen. Am 3. Mai 2021 stimmen sich die Projektpartner beim Kickoff-Meeting auf die gemeinsame Projektzukunft ein. Neben dem ACONET Verein, den Universitäten Wien und Innsbruck und der TU Wien ist auch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen beteiligt. Das „Austrian Quantum Fiber Netzwerk“ (AQUnet) wird durch eine Förderung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) im Ausmaß von 2,8 Millionen Euro ermöglicht.

„Österreich zählt weltweit zu den Quanten-Pionieren. Das rot-weiß-rote Stärkefeld wurde in den vergangenen Jahren gezielt ausgebaut und hat auch international entsprechende Sichtbarkeit und Anerkennung. Und, es tut sich enorm viel“, betonen die beiden Geschäftsführer der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG, Henrietta Egerth und Klaus Pseiner. „Das Projekt 'AQUnet' ist eines von insgesamt zehn sehr vielversprechenden Projekten, die wir als F&E-Infrastruktur fördern dürfen. Die Erwartungen sind hoch. In diesem Sinne wünschen wir dem Projektteam viel Erfolg!“. Quantentechnologien sind etwa für die verbesserte Genauigkeit in Diagnostik und Messtechnik sowie für eine abhörsichere Datenübertragung von zentraler Bedeutung. Die Mittel für das Projekt AQUnet stammen von der Österreichischen Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung und wurden von der FFG mit Unterstützung des Klimaschutzministeriums (BMK) eingeworben.

ACOnet Glasfaserbackbone als Rückgrat

Schon bisher wurde in Österreich im Bereich von Dateninfrastruktur zusammengearbeitet: Unter der Lenkung des ACONET Vereins entstand bereits in den frühen 1990er Jahren ein Hochleistungs-Datennetz für Wissenschaft, Bildung und Kultur. Es heißt ACOnet und wird seit 1992 von der Universität Wien betrieben. Allerdings handelte es sich dabei bisher nicht um Quantenkommunikation, sondern um klassischen Datenaustausch. Der ACONET Verein als auch die ACOnet Infrastruktur werden nun auch im neuen Quantenkommunikations-Projekt eine wichtige Rolle spielen. „Erkenntnisse aus dem Bereich der Quantentechnologien entwickeln sich rasend schnell. Mit einer Ost-West-Verbindung innerhalb Österreichs legt unser Projekt den Grundstein, um sich dann innerhalb Europas weiter zu vernetzen“ sagt DI Bernd Logar, Vorsitzender des Vereins ACONET und CIO der TU Wien. Christian Panigl als Abteilungsleiter für ACOnet und Vienna Internet eXchange am Zentralen Informatikdienst (ZID) der Universität Wien, sieht das Projekt als hervorragende Ergänzung zu der derzeit laufenden Neuausschreibung für das ACOnet-Glasfaserbackbone: „Gemeinsam mit den anderen Projektteilnehmern können wir damit unser Ziel noch besser verfolgen, die innovativen Forschungsbereiche der Quantenkommunikation sowie der hochpräzisen optischen Zeit- und Frequenzmessung bestmöglich zu unterstützen“, erläutert Panigl.

Weltumspannende Quantensprünge

Eine „echte Besonderheit von AQUnet“ sieht Prof. Philip Walther von der Universität Wien darin, „dass es neben den Verbindungen innerhalb Österreichs auch ein Glasfaseranschluss an ein deutsches Frequenzsignal geben wird. Dieser Zugang zu einer der genauesten Uhren weltweit erlaubt neuartige Präzisionsexperimente in Österreich“. Seine Arbeitsgruppe wird solche Referenzsignale nutzen, um zu untersuchen wie und ob Quantenlicht von der Gravitation beeinflusst wird.

Als Projektpartnerin im Westen attestiert Professorin Tracy Northup: „In den Laboren der Universität Innsbruck werden momentan mehrere Projekte im Bereich Quantentechnologie durchgeführt. Das AQUnet ermöglicht es uns jetzt, diese Grundlagenforschung aus dem Labor zu bringen und unter realen Einsatzbedingungen zu testen. Dieser Schritt ist für die Entwicklung zukünftiger Anwendungen entscheidend.“

Dr. Anton Nießner betreut am Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, dem nationalen Metrologieinstitut Österreichs, die Atomuhrenanlage und ist eingebunden in internationale Forschungsprojekte zu optischen Uhren. „Das Know-how und die Messmöglichkeiten, die in einem europäischen EMPIR-Projekt aufgebaut wurden, können nun in diesem Projekt als hochgenaue und metrologisch rückgeführte optische Referenzsignale den wissenschaftlichen Partnern österreichweit zur Verfügung gestellt werden“, zeigt Nießner sich erfreut.

„Viele Länder investieren derzeit massiv in Quantentechnologie. In Österreich waren die Infrastruktur-Ausgaben bisher noch nicht so hoch, dabei hat gerade Österreich ausgezeichnete Chancen, bei diesem Wettbewerb ganz vorne mitzumischen“, sagt der Initiator des Projektes, Prof. Thorsten Schumm vom Atominstitut der TU Wien. „Quantenphysik ist sicher eines der Forschungsgebiete, in denen Österreich besonders stark ist. Bereits jetzt gibt es ausgezeichnete Forschungsgruppen mit erstklassiger Infrastruktur. Sie wollen wir jetzt auf neuartige Weise verknüpfen.“

Im österreichweiten Netz aus Glasfaserleitungen, die für den Austausch von Quanteninformation geeignet sind, spielen Innsbruck und Wien eine zentrale Rolle, aber auch Partner aus anderen europäischen Ländern sollen längerfristig eingebunden werden – in Frankreich, Deutschland und Tschechien gibt es bereits ähnliche Initiativen, die mögliche Anknüpfungspunkte für das Projekt darstellen.

Rückfragen & Kontakt:

Dipl.-Ing. Bernd Logar

Vorsitzender Verein ACONET

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