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Sichere Kommunikation mit Lichtteilchen – Forschende der TU Darmstadt entwickeln abhörgeschütztes Quanten-Netzwerk

Forscher entwickeln ein abhörsicheres Quantennetzwerk – ScienceDaily

Quantencomputer bieten zwar viele neuartige Möglichkeiten, stellen aber auch eine Bedrohung für die Internetsicherheit dar, da diese Supercomputer gängige Verschlüsselungsverfahren angreifbar machen. Basierend auf der sogenannten Quantenschlüsselverteilung haben Forscher der TU Darmstadt ein neues, abhörsicheres Kommunikationsnetz entwickelt.

Das neue System dient dem Austausch symmetrischer Schlüssel zwischen Parteien, um Nachrichten zu verschlüsseln, damit sie von Dritten nicht gelesen werden können. Den Forschern um Physikprofessor Thomas Walther ist es in Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom gelungen, ein Quantennetzwerk zu betreiben, das in der Anzahl der Nutzer skalierbar und gleichzeitig robust ist, ohne dass Trusted Nodes benötigt werden. Solche Systeme könnten künftig kritische Infrastrukturen vor der wachsenden Gefahr von Cyberangriffen schützen. Außerdem könnten in größeren Städten abhörsichere Verbindungen zwischen verschiedenen Regierungsstellen installiert werden.

Das von den Darmstädter Forschern entwickelte System ermöglicht den sogenannten Quantenschlüsselaustausch, bei dem mehrere Parteien in einem sternförmigen Netzwerk eine gemeinsame Zufallszahl erhalten. Einzelne Lichtquanten, sogenannte Photonen, werden im Kommunikationsnetz an Nutzer verteilt, um die Zufallszahl und damit den digitalen Schlüssel zu berechnen. Aufgrund quantenphysikalischer Effekte sind diese Schlüssel besonders sicher. Auf diese Weise wird die Kommunikation besonders gut geschützt und bestehende Abhörangriffe können erkannt werden.

Bisher sind solche Quantenschlüsselverfahren technisch aufwendig und empfindlich gegenüber äußeren Einflüssen. Das System der Darmstädter Gruppe aus dem Sonderforschungsbereich CROSSING basiert auf einem speziellen Protokoll. Das System verteilt Photonen von einer zentralen Quelle an alle Nutzer im Netzwerk und stellt die Sicherheit der Quantenschlüssel durch den Effekt der sogenannten Quantenverschränkung her. Dieser quantenphysikalische Effekt erzeugt Korrelationen zwischen zwei Lichtteilchen, die auch weit voneinander entfernt beobachtbar sind. Die Eigenschaft des Partnerteilchens kann vorhergesagt werden, indem eine Eigenschaft des Lichtteilchens von einem Paar gemessen wird.

Als Eigenschaft wird häufig die Polarisation verwendet, die jedoch bei den zur Übertragung verwendeten Glasfasern typischerweise durch Umwelteinflüsse wie Vibrationen oder kleine Temperaturänderungen gestört wird. Allerdings nutzt das Darmstädter System ein Protokoll, bei dem die Quanteninformation in Phase und Ankunftszeit der Photonen kodiert ist und ist daher besonders unempfindlich gegenüber solchen Störungen. Mit diesem robusten Protokoll ist es der Gruppe erstmals gelungen, einem Netzwerk von Nutzern Quantenschlüssel zur Verfügung zu stellen.

Die hohe Stabilität der Übertragung und die prinzipielle Skalierbarkeit wurden gemeinsam mit der Deutschen Telekom Technik GmbH in einem Feldtest erfolgreich demonstriert. Als nächsten Schritt planen die Forscher der TU Darmstadt, weitere Gebäude der Stadt an ihr System anzubinden.

Das österreichische Quanten-Internet

Quantenkommunikation über Glasfaserkabel wird durch ein neues Infrastrukturprojekt aus FFG-Fördermitteln ermöglicht. Neben der Gruppe von Philip Walther der Uni Wien werden unter der Leitung der TU Wien auch die Projektpartner an der Uni Innsbruck und am Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen miteinander verbunden.

Von Wien bis Innsbruck und über die Landesgrenze hinaus: Über hunderte Kilometer hinweg sollen in Zukunft mit Hilfe von Quantentechnologien Signale ausgetauscht werden. Ein Glasfasernetzwerk wird aufgebaut, mit dessen Hilfe verschiedene Forschungseinrichtungen Quanteninformation übermitteln und Präzisionsmessungen durchführen werden. Dieses "Austrian Quantum Fiber Network" (AQUnet) wird durch eine Förderung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG im Ausmaß von 2,8 Millionen Euro ermöglicht.

Das österreichische Quantennetzwerk soll – im Verbund mit ähnlichen Initiativen auf europäischer Ebene – zum Vorbild für ein mögliches künftiges weltumspannendes Quanten-Internet werden. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen von abhörsicherer Quantenkommunikation bis hin zu Präzisionsmessungen und Erdbebenwarnungen.

Schon bisher wurde in Österreich im Bereich von Dateninfrastruktur zusammengearbeitet: Unter dem Namen ACONET entstand ein Hochleistungs-Datennetz für Wissenschaft, Bildung und Kultur – allerdings handelte es sich dabei bisher nicht um Quantenkommunikation, sondern um klassischen Datenaustausch. ACONET wird nun auch im neuen Quantenkommunikations-Projekt eine wichtige Rolle spielen, neben der TU Wien sind außerdem die Universität Wien, die Universität Innsbruck und das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen beteiligt.

"Erkenntnisse aus dem Bereich der Quantentechnologien entwickeln sich rasend schnell. Mit einer Ost-West-Verbindung innerhalb Österreichs legt unser Projekt den Grundstein, um sich dann innerhalb Europas weiter zu vernetzen" sagt Bernd Logar, Vorsitzender des Vereins ACONET und CIO der TU Wien.

Österreich als Quanten-Land

"Viele Länder wie Deutschland, UK, USA, China, investieren derzeit massiv in Quantentechnologie. In Österreich waren die Infrastruktur-Ausgaben bisher noch nicht so hoch, dabei hat gerade Österreich ausgezeichnete Chancen, bei diesem Wettbewerb ganz vorne mitzumischen", sagt Prof. Thorsten Schumm vom Atominstitut der TU Wien, Initiator des Projekts. "Quantenphysik ist sicher eines der Forschungsgebiete, in denen Österreich besonders stark ist. Bereits jetzt gibt es ausgezeichnete Forschungsgruppen mit erstklassiger Infrastruktur. Sie wollen wir jetzt auf neuartige Weise verknüpfen."

Entstehen soll nun ein österreichweites Netz aus Glasfaserleitungen, die für den Austausch von Quanteninformation geeignet sind. Eine zentrale Rolle spielen dabei Innsbruck und Wien, aber auch Partner aus anderen europäischen Ländern sollen längerfristig eingebunden werden – in Frankreich, Deutschland und Tschechien gibt es bereits ähnliche Initiativen, die mögliche Anknüpfungspunkte für das Projekt darstellen.

Quantenkommunikation für mehr Sicherheit

Information über große Strecken so auszutauschen, dass ihre quantenphysikalischen Eigenschaften bestehen bleiben, ist nach wie vor eine große Herausforderung. Relativ problemlos kann man heute zwar quantenverschränkte Photonen erzeugen – Lichtteilchen, die sich nicht individuell beschreiben lassen, sondern die sich bestimmte physikalische Eigenschaften "teilen", auch wenn sie sich in entgegengesetzten Richtungen durch Glasfasern bewegen. Doch diese Verschränkungen stabil zu halten und sie auf kontrollierte, zuverlässige Weise für technologische Anwendungen zu nutzen, ist nach wie vor eine schwierige Hürde, die insbesondere an den Universitäten Innsbruck und Wien untersucht wird. In Innsbruck wird bereits ein lokales Quanten-Netzwerk zwischen verschiedenen Gebäuden am Uni-Campus (Institut für Experimentalphysik, IQOQI Innsbruck, Alpine Quantum Technologies) betrieben. Nun soll untersucht werden, wie sich dies auf große Entfernungen und mit bereits verlegten Daten-Glasfasern realisieren lässt.

Gelingt es, stabile, zuverlässige Quantenkommunikation zu ermöglichen, hätte man ein völlig neues Niveau von Datensicherheit erreicht: Man könnte Daten austauschen und völlig sicher sein, nicht abgehört zu werden – denn jeder Abhörversuch würde nach den grundlegenden Gesetzen der Quantenphysik die Quanteneigenschaften der Information zerstören.

"Bei unserem Forschungsprojekt geht es allerdings nicht nur um Quantenkryptographie", sagt Thorsten Schumm. "Ganz zentral für das AQUnet-Projekt ist präzise Zeitmessung, das ist die Expertise meiner Forschungsgruppe an der TU Wien. Und auf diese Weise ergeben sich Möglichkeiten für verschiedenste Hochpräzisions-Messverfahren." Man kann mit einem solchen Netzwerk sehr exakt messen, wie Atomuhren an unterschiedlichen Positionen unterschiedlich ticken. Das kann dazu dienen, winzige Änderungen in Abstand oder Höhenunterschied zu detektieren, und das wiederum kann man verwenden, um mehr über das Verhalten der Erde zu lernen, bis hin zu Erdbebenvorhersagen.

Christian Panigl ist Abteilungsleiter für ACONET und Vienna Internet eXchange am Zentralen Informatikdienst (ZID) der Universität Wien. Er sieht das Projekt als hervorragende Ergänzung zu der derzeit laufenden Neuausschreibung für das ACONET-Glasfaserbackbone: "Gemeinsam mit den anderen Projektteilnehmern können wir damit unser Ziel noch besser verfolgen, die innovativen Forschungsbereiche der Quantenkommunikation sowie der hochpräzisen optischen Zeit- und Frequenzmessung bestmöglich zu unterstützen", sagt Panigl.

Das Infrastrukturprojekt "Austrian Quantum Fiber Network - AQUnet" startet im Mai 2021 und ist auf fünf Jahre ausgelegt.

Sichere Kommunikation mit Lichtteilchen – Forschende der TU Darmstadt entwickeln abhörgeschütztes Quanten-Netzwerk

Sichere Kommunikation mit Lichtteilchen – Forschende der TU Darmstadt entwickeln abhörgeschütztes Quanten-Netzwerk

Darmstadt, 25. Mai 2022. Quantencomputer bieten viele neuartige Möglichkeiten, bedrohen aber auch die Sicherheit des Internets: Denn die Superrechner machen gängige Verschlüsselungsverfahren angreifbar. Auf Grundlage der sogenannten Quantenschlüsselverteilung haben Forschende der TU Darmstadt ein neuartiges, abhörsicheres Kommunikationsnetzwerk entwickelt. Ihre Ergebnisse wurden jetzt im renommierten Journal „PRX Quantum“ vorgestellt.

Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen

Das neue System dient dazu, symmetrische Schlüssel zwischen Parteien auszutauschen, um Botschaften anschließend unlesbar für Dritte verschlüsseln zu können. Den Forschenden um Physik-Professor Thomas Walther gelang in Kooperation mit der Deutschen Telekom der Betrieb eines Quanten-Netzwerks, das in der Anzahl der Nutzenden skalierbar und gleichzeitig robust ist sowie ohne vertrauenswürdige Knoten auskommen kann. Mit solchen Systemen könnte in Zukunft kritische Infrastruktur vor der wachsenden Gefahr durch Cyber-Angriffe geschützt werden. Zudem könnten abhörsichere Verbindungen zwischen Behördenstandorten in größeren Städten entstehen.

Das System der Darmstädter Forschenden ermöglicht den sogenannten Quantenschlüsselaustausch, der mehreren Parteien in einem sternförmigen Netzwerk eine gemeinsame Zufallszahl zur Verfügung stellt. Dabei werden einzelne Licht-Quanten, sogenannte Photonen, an Nutzende in dem Kommunikationsnetzwerk verteilt, um aus ihnen die Zufallszahl und damit die digitalen Schlüssel zu berechnen. Aufgrund von quantenphysikalischen Effekten sind diese Schlüssel besonders sicher. So wird die Kommunikation besonders stark geschützt, außerdem können vorhandene Lauschangriffe entdeckt werden.

Bisher sind solche Quantenschlüssel-Verfahren technisch aufwändig und sensibel gegenüber äußeren Störeinflüssen. Das System der Darmstädter Gruppe aus dem Sonderforschungsbereich CROSSING beruht auf einem speziellen Protokoll. Das System verteilt Photonen aus einer zentralen Quelle an alle Nutzenden im Netzwerk und weist die Sicherheit der Quantenschlüssel durch den Effekt der sogenannten Quanten-Verschränkung nach. Dieser quantenphysikalische Effekt erzeugt Korrelationen zwischen zwei Lichtteilchen, die selbst dann erhalten werden, wenn sie weit voneinander entfernt werden. Durch die Vermessung einer Eigenschaft des Lichtteilchens aus einem Paar kann so die Eigenschaft des Partner-Teilchens vorhergesagt werden.

Häufig wird als Eigenschaft die Polarisation verwendet, die jedoch in den zur Übertragung verwendeten Glasfasern durch Umwelteinflüsse wie zum Beispiel Vibrationen gestört wird. Das Darmstädter System hingegen nutzt ein Protokoll, bei dem die Quanteninformation in der Phase und Ankunftszeit der Photonen kodiert wird und das deswegen besonders unempfindlich gegenüber solchen Störungen ist. Der Gruppe gelang es nun zum ersten Mal, ein Netzwerk aus Nutzenden mittels dieses robusten Protokolls mit Quantenschlüsseln zu versorgen.

Die hohe Stabilität der Übertragung und die prinzipielle Skalierbarkeit wurde in einem Feldversuch gemeinsam mit der Deutschen Telekom Technik GmbH erfolgreich demonstriert. Als nächsten Schritt planen die Forschenden der TU Darmstadt die Anbindung weiterer Gebäude in der Stadt an ihr System.

Sonderforschungsbereich CROSSING

Mehr als 65 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Kryptographie, Quantenphysik, Systemsicherheit und Softwaretechnik arbeiten im Sonderforschungsbereich CROSSING zusammen und betreiben sowohl Grundlagen- als auch anwendungsorientierte Forschung. Ziel ist es, Sicherheitslösungen zu entwickeln, die auch in der Zukunft sichere und vertrauenswürdige IT-Systeme ermöglichen. CROSSING wird seit 2014 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

Über die TU Darmstadt

Die TU Darmstadt zählt zu den führenden Technischen Universitäten in Deutschland und steht für exzellente und relevante Wissenschaft. Globale Transformationen – von der Energiewende über Industrie 4.0 bis zur Künstlichen Intelligenz – gestaltet die TU Darmstadt durch herausragende Erkenntnisse und zukunftsweisende Studienangebote entscheidend mit.

Ihre Spitzenforschung bündelt die TU Darmstadt in drei Feldern: Energy and Environment, Information and Intelligence, Matter and Materials. Ihre problemzentrierte Interdisziplinarität und der produktive Austausch mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik erzeugen Fortschritte für eine weltweit nachhaltige Entwicklung.

Seit ihrer Gründung 1877 zählt die TU Darmstadt zu den am stärksten international geprägten Universitäten in Deutschland; als Europäische Technische Universität baut sie in der Allianz Unite! einen transeuropäischen Campus auf. Mit ihren Partnern der Rhein-Main-Universitäten – der Goethe-Universität Frankfurt und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz – entwickelt sie die Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main als global attraktiven Wissenschaftsraum weiter.

MI-Nr. 32/2022, Fitzke/Walther/mih/cst

Professor Thomas WaltherFachbereich PhysikInstitut für Angewandte PhysikE-Mail: Fitzke, Lucas Bialowons, Till Dolejsky, Maximilian Tippmann, Oleg Nikiforov, Thomas Walther, Felix Wissel, and Matthias Gunkel: “Scalable network for simultaneous pairwise quantum key distribution via entanglement-based time-bin coding”, in PRX QuantumDOI:

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